Medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapien für die Depression wurden bisher häufig zufällig durch klinische Beobachtungen entwickelt, ohne dass die neurobiologischen Wirkmechanismen genau geklärt waren. Forscher der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg konnten nun in einem Depressionsmodell der Maus eine zentrale Schaltstelle im Hirn identifizieren, die für die antidepressive Wirkung medikamentöser und nicht-medikamentöser Therapien verantwortlich sein dürfte (Cell, DOI: 10.1016/j.neuron.2015.07.010.)

Die Arbeitsgruppe um Dietrich van Calker, Leiter der Sektion Psychopharmakotherapie, und Knut Biber, Leiter der Sektion Molekulare Psychiatrie, untersuchte zunächst den Wirkungsmechanismus von Schlafentzug bei Depressionen. Anders als Antidepressiva, die erst nach Wochen einen therapeutischen Effekt zeigen, wirkt Schlafentzug bei depressiven Patienten sofort oder gar nicht. Das heißt, nach einer durchwachten Nacht verbessert sich bei vielen Patienten die Depression entscheidend. Diese positive Wirkung hält allerdings in der Regel nur bis zum nächsten Nachtschlaf an.

Im Mausmodell konnten die Forscher die antidepressive Wirkung von Schlafentzug auf die Funktion der sogenannten Homer1a-Schaltstelle im Vorderhirn zurückführen, die bei der Regulation der Reizübertragung zwischen Nervenzellen eine wesentliche Rolle spielt. Eine Blockierung von Homer1a im Vorderhirn verhinderte die antidepressive Wirkung von Schlafentzug.

In einem zweiten Schritt untersuchten die Forscher die zentrale Bedeutung von Homer1a auch bei der Gabe antidepressiver Wirkstoffe wie Imipramin und Ketamin.

Bei Ketamin, einer rascher antidepressiv wirkenden Substanz, fanden sie eine un­mittelbare Stimulation von Homer1a im Vorderhirn. Bei Imipramin, einem Antide­pressivum mit verzögerter klinischer Wirkung, zeigten sich die Effekte auf Homer1a erst nach Wochen. Bei beiden Substanzen wurde die antidepressive Wirkung durch die Blockade von Homer1a aufgehoben.

„Unsere Untersuchungen identifizieren Homer1a im präfrontalen Cortex als zentrale Schaltstelle für die Wirkung sowohl nicht-medikamentöser als auch medikamentöser Depressionstherapien“, fasst van Calker die Studie zusammen. „Diese zentrale Bedeutung von Homer1a öffnet die Tür für die Suche nach neuen pharmakologischen Strategien“, so Biber.

Quelle: www.aerzteblatt.de

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